Es war einmal der "Jobstopper"
Die Tätowierung ist nicht nur Teil unserer Gesellschaft, sondern mittlerweile auch weitestgehend akzeptiert. Der "Jobstopper" als Tätowierung ist fast schon ein Fremdwort. In einigen Branchen oder tradierten Unternehmen sind Tattoos an auffälligen Körperstellen noch ein Problem, allerdings wird sich kaum noch jemand umdrehen, wenn man eine Person mit Tattoos an Händen oder Hals sieht.
No-Go oder Identifikation?
Fragen wir heutzutage unsere Mütter und Väter, bekommen wir häufig ein entspanntes Feedback zu auffälligen Tattoos. Vor nicht allzu langer Zeit war das noch ganz anders. Selbst vor 20 Jahren war ein Hand-Tattoo noch ein "No-Go", wenn man nicht unmittelbar in der Tattoo-Branche arbeitete oder Teil einer "Underground-Szene" war. Zu dieser Zeit wurde bei Olli Geissen wild diskutiert, ob man überhaupt tätowiert sein sollte - bei Barbara Salesch saßen Menschen mit Gesichtstätowierung immer auf der Anklagebank.
Bis zur heutigen Geisteshaltung, Tattoos als Körperschmuck, Identifikation, Mittel zur Verarbeitung von Traumata oder Ausdruck der Persönlichkeit wahrzunehmen, war es ein weiter Weg.
Das Tattoo als Zeichen der Kriminellen
Zurück in die Zeit des längt überholten, klassischen Mann-Frau-Rollenbildes: Vor 1900 galten alle tätowierten Männer als Verbrecher und Kriminelle. Frauen mit Tätowierungen waren in der Wahrnehmung der Gesellschaft ausschließlich Prostituierte.
Diese Stereotypen sorgen im weiteren Verlauf der Geschichte dafür, dass sich nur Männer haben tätowieren lassen - Frauen waren gesellschaftlich nicht dafür vorgesehen, ihre Individualität auszuleben.
Ab den 1920er Jahren entwickelte sich die Tätowierung dann von einem skandalösem Geheimnis zu Statement. Eine kleine Ausnahmen waren die sogenannten "Carnival Ladies", diese waren aber ab 1940 nicht mehr zu sehen.
Frauen sind nicht tätowiert
Die weit verbreitete Einstellung, anständige Frauen ließen sich nicht tätowieren, führte dazu, dass die meisten Tätowierer auch keine Frauen tätowierten. Die Wende kam in den 1960er Jahren. Die Tätowierung bekam mehr Zuspruch und verbreitete sich auch außerhalb von Subkulturen und oberhalb der Unterschicht. Tattoos wurden zum Zeichen des Widerstandes.
Auch wenn die Akzeptanz gegenüber tätowierten Männern bis in die 80er Jahre wesentlich größer war, interessierten sich immer mehr Frauen ernstzunehmend für diese Kunstform - gesellschaftlichen Vorurteilen und Diskriminierungen zum Trotz.
Die Tätowierung als Statement
Selbstbestimmung über den eigenen Körper wurde zunehmend wichtiger. Tätowierungen entwickeln sich - neben ihrer Funktion als politisches Statements - zum Zeichen der Individualität, was bis heute vorhält. Zumindest so lange, bis sich das Motiv oder die Tätowierung zu einem gesellschaftsfähigen Schönheitsideal entwickelt und somit der Norm entspricht.
Aufgrund der starken Verbreitung von Tattoos gelten vielleicht deswegen nicht-tätowierte Menschen heutzutage in vielen Gegenden eher als "Rebellen" bzw. gesellschaftlich nicht konform, als Tätowierte.
Egal worin unsere Motivation liegt sich tätowieren oder nicht tätowieren zu lassen: Der rasante Wandel und die Tattoo-Geschichte der letzten 100 Jahre ist beeindruckend und lässt uns gespannt in die Zukunft blicken.